Blogbeitrag von Klaus Münstermann, 19. März 2015

Als ich vor einigen Tagen die facebook-Seite für tibb eingerichtete, fragte ich beim ersten Posting, was denn die „Besucher“ meinen, wie wir von tibb potentielle neue Pflegefamilien ansprechen sollten? Die Resonanz darauf war eindeutig: es sollte das partnerschaftliche „Du“ sein. Nun ist facebook zumindest sprachlich sowieso von „Freundschaften“ geprägt und da fällt es leicht, sich unkompliziert untereinander anzusprechen. Als ich auf facebook eine interessierte Bewerberin antwortete, habe ich locker mit „Du“ geantwortet (auch weil sie sich in meiner kleinen Befragung dafür ausgesprochen hatte), aber als ich ihr am nächsten Tag eine Art offizielle Email schrieb, war ich mir dann doch nicht mehr so sicher. Es kommt also auf den Kontext an.

Wie ist es bei der Familienberatung? Die MitarbeiterInnen von tibb haben zu der Frage der Anrede ganz unterschiedliche Positionen. Das Spannungsfeld von Nähe und Distanz ist angesprochen: Lieber professionelle Distanz oder doch partnerschaftliche Kommunikation? Meine Erfahrung ist, dass man als FamilienberaterIn kritische Dinge auch dann ansprechen kann, wenn man sich „auf Augenhöhe“ begegnet. Mir fällt dies sehr viel leichter, wenn eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Basis über die Jahre entstanden ist und die Nähe nicht zur Kumpanei verkommt. Es bedarf einer souveränen Haltung, aus der heraus man als FamilienberaterIn ganz „nah“ bei den Pflegefamilien sein kann, ohne jedoch Teil des Familiensystems zu werden.

Familienberatung setzt Distanz voraus, um den Überblick nicht zu verlieren und notwendige Interventionen rechtzeitig zu erkennen. Auch in der freundschaftlichen Atmosphäre des „Du“s kann ich meinem Gegenüber (hier der Pflegefamilie) meine Rolle deutlich machen – es kommt auf den Kontrakt an.

Jede Pflegefamilie sollte die Wahl haben, wie sie angesprochen werden möchte, sollte äußern können, welcher Kommunikationsstil ihr hilft. Die Familienberatung ist doch letztlich eine Dienstleistung – mit „Menschlichkeit als Methode“ (Anne Frommann).

Wir werden die Frage der Anredeform in der nächsten Woche auf unserem Mitarbeiterseminar noch einmal aufgreifen.