Trauma Workshops für Pflegeeltern bei tibb und die Frage:
Wie geht man mit dem Thema Trauma im Alltag um?
07.04.2022
Viele der Trauma-Folgestörungen dienten und dienen als Überlebensstrategien in gefährlichen Situationen (in ihren Herkunftsfamilien) und erscheinen uns im Jetzt, also im Alltag einer Pflegefamilie, als wenig hilfreich. Aber erhöhte Wachsamkeit lässt die traumatisierten Kinder und Jugendlichen, auch im Nachhinein, Gefahren schneller erkennen, erhöhte Adrenalinausschüttung erlaubt ihnen schnelleres Reagieren und erhöhtes Misstrauen führt, nach wie vor,
zu weniger gefährlichen Situationen mit Menschen. Alle diese Verhaltensweisen werden unbewusst, automatisch und unwillkürlich von den Betroffenen aufrechterhalten, solange sie sich als bedroht wahrnehmen.
In unseren, zwei Mal im Jahr stattfindenden Workshops, setzen wir uns immer wieder mit traumapädagogischen Methoden und Konzepten auseinander. Denn traumatisierte Kinder und Jugendliche können diese Verhaltensweisen erst ablegen, wenn sie sich als „dauerhaft sicher“ erleben. Bis dahin muss daher „vorerst“ ein Umgang damit gefunden werden. Der Workshop bietet hierbei einen idealen Rahmen, um Erfahrungen und Handlungsstrategien von Pflegeeltern
auszutauschen und typische Trauma bedingte Verhaltensweisen, die immer wieder im Alltag mit Pflegekindern erfahrbar sind, zu reflektieren, um einen neuen Zugang und Umgang damit zu finden.
Gerne teilen wir unser Plakat über das „Trauma sensible Alltags – ABC“ in unseren Workshops, das wir als Abschlussarbeit am Ende unserer Traumaberaterinnen Ausbildung angefertigt haben. Darin haben wir Begriffe und Leitsätze formuliert, die in unserem Beratungsalltag immer wieder vorkommen. Wir haben die für uns wichtigsten und wiederkehrenden Begriffe, die in unserer täglichen Beratungsarbeit relevant sind, gesammelt und zusammengefasst. Als Hintergrundbild dient ein Bild von einem Leuchtturm. Dieses symbolisiert u.a. Orientierung, Beruhigung und Sicherheit in unruhigen und stürmischen Zeiten.
„Hier geht es lang!“
„Du bist nicht allein!“
„Am Himmel brennt noch Licht!“
Wir hoffen, dass das Plakat nicht irgendwo in einer Schublade landet, sondern an einen passenden Ort aufgehängt wird, wo Pflegeeltern sich inspirieren lassen können, wenn sie mal in Stress geraten sollten. Denn uns ist immer wieder deutlich geworden, wie wichtig und hilfreich es ist, das individuelle Erleben der Betroffenen ernst zu nehmen, dessen Sinnhaftigkeit innerhalb der durch Traumata geprägten Wirklichkeiten zu würdigen sowie Erleben und Verhalten
als Ausdruck lebensrettender Kompetenzen zu sehen. Denn je nach Ausprägung und wie stark der Alltag durch Traumatisierung geprägt oder beeinträchtigt ist, gilt es traumapädagogisch als auch sensibel zu handeln und andere Schwerpunkte (als in der normalen Erziehung) in den Mittelpunkt zu stellen. Es gilt immer wieder genau darauf zu achten, ob bei einem Pflegekind gerade eine Phase der Stabilisierung ansteht, ob Traumabearbeitung- bzw. -konfrontation aktuell
hilfreich oder schädlich ist und was, ggfs. integriert werden kann, weil es notwendig ist. Dies erfordert einen beständigen, disziplinübergreifenden, diagnostischen Prozess und Austausch mit allen Mitwirkenden.
Folgende Kernthemen traumapädagogischen Handelns prägen unsere Konzepte und tägliche Beratungsarbeit. Sie sind thematisch ineinander verwoben und vielschichtig und sprechen immer wieder mehrere Themen zugleich an:
– Etablierung objektiver und gefühlter Sicherheit,
– Akzeptanz der Notwendigkeit zur eigenen Veränderung,
– Beziehung aufbauen und Beziehungsfähigkeit stärken,
– Gemeinsames Verstehen entwickeln,
– Stabilisierung und Rückkehr der Selbstermächtigung: Körperliche Stabilisierung, Stabilisierung und Kontrolle von Gefühlen sowie Förderung eigenmächtigen Verhaltens,
– Entwicklung neuer Wahrnehmungs- und Denkmuster inklusive eines neuen Selbst- und Weltbildes,
– Integration traumatischer Erfahrungen,
– Lebensfreude.
Die traumapädagogischen Methoden, die dabei Berücksichtigung finden, sind u.a.:
– Einsatz des Notfallkoffers
– Gefühlsmonsterkarten
– Tresor
– Externalisierung des Problems
– Schaubilder zum dreigliedrigen Gehirn.
Unseren Fokus legen wir in unserem Workshop nicht vordergründig auf eine Methodenvielfalt, sondern eher auf die Sensibilisierung des Themas Trauma. Die Workshops sind für alle Pflegeeltern gedacht, die Zeit und Lust haben sich dem Thema in einer Gruppe zu nähern.
Die nächsten Workshops finden am 21.05.2022 und 29.10.2022 in Ibbenbüren statt!
Viele Grüße
Kathi Althaus, Dilek Öndüc und Monika Schwar-Rahe